Ostwestlich (10)

Ich freue mich, dass der RB Leipzig den Pokal gewonnen hat. Ich erfahre Unverständnis und erlebe Häme. Selbst bei denen, die gern mal zu einer Red Bull Dose gegriffen haben und greifen.

Dabei: Ist es nicht ehrlicher, wie Leipzig zu seiner neuen Mannschaft gekommen ist? Ehrlicher in der ganzen Fußball-Szene, wo seit langem in all den Traditionsklubs nur so mit den Millionen um sich geworfen wird. In Leipzig ist mit aller Konsequenz eine neue Mannschaft mit Wirtschaftsmillionen oder auch Milliarden aus dem Boden gestampft und auf Erfolgskurs gebracht worden. Mit viel Geld zum Erfolg wie überall. Ich glaube, die Leipziger spielen guten Fußball, wie die meisten anderen. Leipzig wird auch durch den Fußball sichtbarer und die Feierfreude ob des Sieges ist groß wie überall. Nur, leider, das Echo rundherum ist verhaltener. Da findet der Klassenerhalt von Hertha viel, viel mehr Resonanz. Für mich irgendwie kurios.

Wenn da nicht die Gefühle wären. Ich finde es grauenhaft wie Gefühle auf Traditionsklubs projiziert werden. Auf einmal zählen nur die. Selbst in Situationen, in denen hochemotionale Fangemeinden Randale beginnen. Und schon längst nur noch Riesenpolizeiaufgebote viele Spiele sichern. Wir lassen uns eben Gefühle etwas kosten. Auch meine Steuergelder.

Meine Sympathie, sprich meine Gefühle gelten Spielern, die wirkliche Könner sind, die alles geben, kämpfen und dabei immer fair bleiben. Deren Freude am Spiel ehrlich geblieben ist und nicht vom Eurozeichen geschwängert ist.

Und jetzt wird es wirklich ostwestlich. Das, was diese Fußballmannschaft erleben muss, haben die Menschen im Osten seit mehr als dreißig Jahren erlebt. Die eigene Geschichte wurde ziemlich radikal verdammt und ausgelöscht. Alles zurück auf Neuanfang, bloß nichts Altes übrig lassen.

Nur für einen RB Leipzig gilt das nicht. Was sonst als Ostalgie mit Häme, schon wieder dieses Wort, bedacht wird…Im Fußball läuft es gerade andersherum. Eigentlich geht ja der Klub gar nicht, weil er kein Traditionsklub ist. Verrückt!

Selbst wenn einer der Leipziger Traditionsklubs, FC Leipzig oder Chemie Leipzig mit den gleichen Geldtöpfen gepampert worden wären, dann wären sie nicht mehr das, was sie waren. Nur der Name hätte zumindest im Osten Gefühle gepusht, im Westen wahrscheinlich das Gefühl der Verachtung. Damit dürfte der richtig gute Union Berlin auch vertraut sein, der hat Tradition und seine Ostgeschichte.

Fazit: Leute liebt eure Gefühle nicht allzu kritiklos, sondern helft ihnen mit eurem Verstand vom Kopf auf die Beine.

Ich glaube, Gefühle machen Kriege überhaupt erst möglich, weil sie die Mitmacher euphorisieren und mobilisieren.

Oder?

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