Sommertheater…

…brauche ich eigentlich nicht. Open-Air-Konzerte und solcherlei. Ich habe das alles gratis, rund um die Uhr, auch dann, wenn ich eigentlich schlafen will.

Am Wochenende beginnt es schon Frühmorgens. Die Nachtmenschen tragen dann mit gewaltiger Stimme ihr letztes Gefecht aus. Dicht gefolgt werden sie von kultigen Joggern in farbenfroher Montur. Selbstverständlich technisch aufgerüstet. Zu ihnen gesellen sich eher verschlafene Hundebesitzer, die meist schnell wieder nach Hause wollen. Es sei denn der Hund liefert schnell sein Pipi ab. Was nicht immer gelingt. Da erweitert sich der morgendliche Chorus: Zärtlich, energisch, genervt…

Familie Schwan, endlich wieder komplett mit Einzelkind, hat das Schlafzimmer im Schilf schon zu sehr früher Stunde verlassen und den Tunnel zum anderen Ende des Sees durchquert. Angekommen im Wohnzimmer für den Rest des Tages.

Jedoch auf der Hauptbuehne gibt es noch jede Menge zu erleben. Das Vogelorchester spielt sein tausendstimmiges Konzert. Bis zum Auftritt der Nachtigallen gegen Abend.

Nicht, dass es kein Drama gäbe. Dafür sorgen Sirenen-Fahrzeuge direkt vor Ort und auf der nahen Ausfallstrasse. Jedoch auch Hundehalter, die sich von ihren Hausfreunden foppen lassen, sind nicht zu überhören. Eine Knabenstimme, die wochenlang verzweifelte durchdringende „Lucy-Rufe“ ertönen ließ, ist bei mir für immer abgespeichert.

Aber dann, wenn nicht gerade Pfingsten ist oder ein anderer heiliger Tag, geht es erst mal rund. Ein Sammelsurium nur denkbarer Hoellenmaschinen sorgt für den Vormittagsound. Die bearbeiten Graswuchs aller Art, der immer wieder üppig auf dem Bühnenareal erscheint.

Die Babys, die jetzt zunehmend auftreten, die tun mir ein bisschen leid. Den Sound haben sie nicht verdient. Aber, gebündelt vor Mamas oder Papas Bauch, zeigen sie meist Gelassenheit. Schließlich, Krach ist ihr Privileg – was wollen die um mich herum also, mögen sie denken.

Der Nachwuchs, der schon mit eigenen Gefährten unterwegs ist, rumpelt vergnügt über den frisch gemähten Rasen, zelebriert kunstvolle Stürze und erfreut sich der frisch gepflanzten Blumen.

Der Gänseblümchenstrauss ist gepflückt, wenn das Konzert zu Ende ist. Und die Ralley der Kinderwagen endet erst einmal gegen Mittag. Einlagen bieten am Vormittag noch die vielen Kita- und Kila-Krümel aus der Umgebung. Beim Wiesenkullern und Wettrennen haben sie durchaus etwas zu bieten. Da zeigt sich Zukunft in aller Schönheit: verträumt, vergnügt, verschlafen, Energiebündel pur. Auch die künftigen Lehrer sind zu erkennen: „Das darfst du nicht! Wir sollen das nicht“, sorgen sie für Ordnung.

Aber, die meisten Kita-Bataillons ziehen Sandspielsachen bepackt gen angrenzenden Spielplatz. Und sind dann voll beschäftigt. Oma-Einzelkinder werden ausgegrenzt und haben keine Chance, außer allein zu spielen. Nur manchmal erwischen sie noch einen Schaukelplatz, wenn da nicht gleich einer schreit „Der ist für meinen Freund besetzt!“

Aber, wieder zurück zur Hauptbuehne des Sommertheaters. Gegen Mittag wird es hier etwas ruhiger. Jetzt betreten die Sonnenanbeter die große Bühne und präsentieren ihre vorzüglichen Körper. Textilien werden umweltschonend, also sparsam eingesetzt, auch schon mal weggelassen. Und sie haben Zeit. Schließlich ist zu beweisen, dass auch ohne Flugticket köstliche Bräune möglich ist.

Allmählich tauchen die Schulkinder auf. Die toben anders. Nichts ist zu hoch, zu breit, zu beschwerlich – es wird erklommen, übersprungen, als Hochsitz genutzt.

Ich muss jetzt mal kurz auf die Spezial-Events hinweisen. Denn die gibts reichlich. Gratis wie alles andere im Sommertheater auch. Da wären Hochzeiten so international und so üppig wie es nur geht. Manchmal auch mit Sektempfang an weißen Tischen. Die Roben berauschen und noch mehr die Inszenierungen für den Fotografen. Da wären wir dann oft der Komödie schon sehr nah. Auch ansonsten, alles fotografiert. Es ist Selfietime forever. Nicht, dass es nicht auch professionell zuginge mit entsprechenden Equipment. Shootings auf offener Bühne.

Jetzt kommen die Eltern der vormittäglichen Kita-Trupps ins Spiel. Manchmal spielen sie mit. Meist arbeiten sie nach, am Smartphone. Interessant die durchdringenden Anweisungen wenn die Väter im Spiel sind. Jetzt wird es richtig laut bis zu meinem Rang hinauf. Sehr klare Ansagen mit unüberhörbaren Stimmen.

Auch recht sportlich geht es auf meiner Sommerbuehne zu. Hipphopper üben ihre Sprünge und Figuren bei entsprechendem Sound. Die andere Generation, die der Boule-Spieler, macht direkt daneben unbeeindruckt weiter. Es gibt auch neuartige Spiele zu studieren.

Manchmal dann auch Wahlkampf mit Bratwurst-Grill.

Der heutige Abend jedenfalls endet mit einem langen Trompetensolo. Dann erscheint das multikulti Partyvolk und gerät allmählich in Stimmung, atemberaubend und schlafraubend. Und alles beginnt von vorn. Nur Feiertags läuten dann erst mal am Morgen vielstimmig die Kirchenglocken.

Auch ein Auftritt (oben)…..und die große Openair-Bühne mal ausnahmsweise nur vom Vogelchor bespielt (unten)

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