Das Corona-Karussell dreht sich etwas langsamer. Dafür werden die Diskussionen heftiger. Das Heftigste, das ich gelesen habe (so etwa): Ist doch gut, wenn die Alten endlich gehen, Corona hilft nach. Die haben uns doch das ganze Umweltdesaster samt unkontrollierter Globalisierung eingebrockt. Prima, ich hoffe ihr Jungen bekommt es wirklich besser hin und haltet durch mit euren Idealen. Ich persönlich bin davon überzeugt, dass Entwicklungen erst eine bestimmte Stufe erreicht haben müssen, ehe sie so eskalieren, dass sie als Thema Allgemeingut werden, werden können. In den 50ern, 60ern, 70ern, 80ern und auch 90ern waren noch ganz andere Aufgaben zu bewältigen. Dass sich in diesen Jahrzehnten zunächst ganz unauffällig eine Wachstumseuphorie eingeschlichen hat, das ist lange, den meisten nicht aufgefallen. Im Gegenteil, das Ganze wurde generationsübergreifend von den meisten mitgetragen. Und überhaupt nicht negativ bewertet. Mir persönlich hat dieses Endlos-Wachstum nie behagt.
Jetzt haben wir den großen Schlamassel und müssen sehen, was wir daraus machen. Nicht nur der Umwelt zu liebe. Ich sage bewusst WIR, von ganz jung bis ganz alt. Die Generationen brauchen sich. Die einen haben die frischen Ideen, die Kraft und Energie, die Ideale, die sie noch nicht scheitern erlebt haben. Die anderen, 50 oder 60 plus, hätten gelebte Erfahrungen beizusteuern. Nicht um zu bremsen, sondern um alte Denkfehler und Verhaltensweisen nicht zu wiederholen. Das wäre erfolgversprechender als alles andere vorher. Die Alten waren nicht nur dumm und ignorant und die Jungen stehen trotz allem Enthusiasmus nicht pro se für gelingenden Menschheitsfortschritt.
Aber da ist das WÄRE. Wo in unserer Gesellschaft sind die Generationen wirklich ein gut auf gestelltes Team, das sich ergänzt?
Großelterndienste sind gefragt und Pflegeheime sind ein Endlos-Thema. Und sonst, jede Menge selbstlose ehrenamtliche Arbeit, aber Wertschätzung, Gleichberechtigung der Generationen ist schwer erlebbar, eigentlich nicht wirklich existent.
Um solch eine Qualität zu verinnerlichen, braucht es mehr als gemeinsame Balkongesänge und ähnliches. Zweifelsohne, das ist schön, rührt zu Tränen… Für einen wirklichen Neuanfang nach und mit Corona wird es nicht reichen. Da träumt die Gesellschaft wahrscheinlich schnell wieder ins einigermaßen gemütliche Fahrwasser, statt sich ihrer Potenzen und Kompetenzen zu besinnen und…zu handeln. Gern auch singend.
Übrigens: Die Alten müssen gewissenhafter mit ihrer Zeit umgehen, weil selbige objektiv knapp geworden ist. Wer lässt sich schon gern seine knappen Ressourcen weiter kappen? Wohl keiner. Und außerdem gehört Leichtsinn tendenziell eher zum Jungsein. Verantwortlich selbstbestimmt zu handeln, dafür sollte 60plus tendenziell gut gewappnet sein. Nur so, ganz nebenbei zum Corona-Thema.
Um zu meinem Ausgangspunkt zurück zu kommen: Interessant ist ja auch, dass nicht nur die Älteren am meisten coronagefährdet sind. Sondern auch generell Männer, auch jüngere. Sollte man die dann auch lieber noch ein bißchen länger vorsichtshalber“ einsperren“? Ich weiß, das war jetzt bösartig. Doch das bin ich nun wirklich nicht. Aber, ich konnte es mir gerade mal nicht verkneifen.
Auf neues Miteinander… Wir sind miteinander alt genug.
Zarte Pflänzchen…