…weg ist die Maus! Seit vier Tagen keine sichtbaren Spuren. Ich beginne, mich in meiner Wohnung wieder ungezwungen zu bewegen, sie gehört wieder mir. Hoffentlich nicht zu früh gefreut. Doch das nur nebenbei.
Die Havel ist angesagt. Ihrer Schönheit und ihrer nur wenig begrenzten Natürlichkeit erliege ich seit Jahren stets von Neuem. Gestern wieder mal die Sandstrand-Badeidylle mit regem Schiffsverkehr. Viele Segelboote aller Größen, Lastkähne mit z.B. polnischer Flagge, Yachten von winzig bis Einfamilienhausgröße mit Balkon, Paddel- und Ruderboote, die großen Ausflugsschiffe aus Berlin und Potsdam, mal ein Stand-up-Paddler…na ja und auch ein lauter Raser und gut gestimmte schwimmende Party-Lauben. Ohne die geht es offenbar nirgendwo mehr.
Vor allem aber Beschaulichkeit und ziemlich klares Wasser. Für alle ist Platz, auch für die Kühle suchenden Schwimmer. Ein Wind weht – alles fühlt sich ein bißchen wie am Meer an. Urlaubsgefühle kommen auf. An den Hörnern, genauer dem Schildhorn und dem Kuhhorn lässt es sich gut sein. Schon die Namen haben ihre Romantik. Hörner, die kleineren Landzungen im Fluss.
„Rom ist vielleicht die schönste Stadt der Welt. Aber mein Potsdam und meine Havel sind mir lieber.“ Das schrieb Philipp Franck so um die Wende zum 20. Jahrhundert. Und malte dieses Idyll, das sich durch die Großstädte Berlin und Potsdam schlängelt. Er spricht mir aus der Seele. Nach den Badefreuden zog es mich zu seinen Bildern. Die sind zur Zeit in der Galerie von Mutter Fourage in Wannsee zu sehen. Wer diesen Fluss und diese Landschaft mag, dem sei ein Ausflug empfohlen. Die Ausstellung endet schon am 30. August. Ansonsten lohnt ein Besuch der Gärtnerei mit dem Cafe mittendrin immer. Alles zusammen ist auch gut mit dem busläufig zu erreichen.
So kann, so darf Berlin im Sommer sein, auch in diesem so merkwürdigen Jahr…und lässt Corona-Orgien, innere und äußere vergessen.
Dabei finde ich das Rechte Maß, die Fünfte der zwölf Tugenden, mein rechtes Maß und meine innere Mitte.
Das Rechte Maß meint, dass es von allem immer auch ein zu Viel des Guten sein kann und dann eben nicht mehr gut ist. Zum Beispiel kann zu viel Mut in Leichtsinn oder Tollkühnheit ausarten. Ein Übermaß an Milde, sprich Güte, die dritte Tugend kann, durchaus notwendige, Grenzen verwischen. Und mit dem Rechten Maß ist es vielleicht so, dass es mir Beweglichkeit in größeren und kleinen Kreisen rund um die Mitte abverlangt. Und das Aushalten-Können derselben, ich meine Kreise.
Womit ich von der Maus, über die Havel doch noch zu meinem Lieblingsthema gekommen bin. Ha, ich hab’s hinbekommen.

Ein Foto von „Vorvorgestern“, eines von Gestern und eines der Bilder von Franck.