Oktober-Reflexionen

Ich hänge noch ein bißchen im Oktober. Mein Monatsbild wird zum ersten Mal nicht rechtzeitig fertig. Ich habe immer noch keine Lust auf Ab-17 Uhr-Dunkelheit. Und ich zähle jetzt schon die Monate bis es endlich wieder wärmer und heller wird. Und ich habe natürlich keine Lust auf Corona und Maskenzauber.

Alles nicht zu ändern. Ich fange also an, die Bilder der vergangenen Wochen und Monate in mir auferstehen zu lassen. Das Lächeln in meinem Gesicht lässt sich nicht verdrängen.

Mal rückwärts geschaut:

Vom letzten Tag der Möglichkeiten, dem 1. 11. 2020 entwickelt sich ein freundliches Bild eines großzügigen richtig schönem Buchhandlungs-Restaurants oder auch einer Restaurant-Buchhandlung direkt an der Spree. Meine Begleiterin fragt den freundlichen jungen Servierer wie es denn nun für ihn weitergehe. „Kurzarbeitergeld“ lautet die Antwort. „Na dann geht’s ja!“ „Nichts geht. Das sind 600 Euro und ich bezahle 550 Euro Miete.“ (Die Zahlen so etwa, ich stehe seit eh und je mit ihnen auf Kriegsfuss.) Er lächelt trotzdem weiter. Das nimmt die Spannung, aber nicht das Nachdenken über die unendlich Vielen, denen es so und schlechter geht. Für uns waren es trotzdem zwei schöne Stunden bei originell gutem Essen, die den nicht gerade geliebten November einläuteten.

Der Oktober beschert viele schöne Erinnerungs-Bilder. Der Weg durch den bunten Herbstpark an der linken Seite mein vierjähriger Enkel, seine kleine warme Hand vertrauensvoll in meiner, auf der rechten Seite die Siebenjährige, mein Arm auf ihrer Schulter. Erschöpft vom Spielplatztreiben schlendern wir gemütlich nach Hause.

Das muss reichen für viele graue sonnenarme Tage. Das Bild wird trübe Novemberstunden aufwärmen.

Doch weiter im Oktober: Ein Abend in der Deutschen Oper, „Lieblingsstücke“ hatte er versprochen und es war weit mehr. Ein Opernabend mit Arien querbeet durch das ganze Repertoire, erfrischend locker moderiert. Erwärmt haben den Abend für mich besonders die jungen Sänger, Opernstipendiaten und Neulinge im Ensemble der Deutschen Oper. Allesamt spielfreudig, rank und schlank anzusehen, fesselnde Stimmen. Wer sagt denn da, dass eine volle Stimme einen üppigen Resonanzboden braucht. Für mich war’s ein Gourmet-Abend.

Gourmet muss ja nicht immer sein, deshalb freue ich mich entspannt auf eine Fortsetzung irgendwann. Es gibt noch einen zweiten Teil.

Der Arvo-Pärth-Dokumentarfilm in Spielfilmlänge wurde für mich auch zum Segen und wird ebenfalls bleiben und nicht in irgendwelche innere Abgründe verschwinden. Das ist meine Musik.

Und, die Havel gehört mir, Entschuldigung. So viele sonnendurchflutete Spaziergänge mit anregenden Gesprächen und auch allein. Freilich auch das Schwimmen im Fluß. Diese Landschaft verzaubert mich seit Jahrzehnten.

Dieses Berlin hat so viele schöne Orte. Nicht zu letzt aktuell der Wesen gewordene Furor von Katharina Grosse im Hamburger Bahnhof. Ich sehe da auch einen gewaltig kämpfenden Michael-Engel, der den bösen Geister Paroli bieten will. (Der Original-Titel: ‚It Wasn’t Us‘). Das vieldimensionale riesige Werk zeigt so viele Facetten zum lange und immer aus anderer Perspektive Hinschauen.

Ich merke: Da war so viel Nahrung aller Art, dass ein Corona-November gar nicht zum Verdauen reichen wird. Auch wenn die langgeplante und ersehnte Faust-Begegnung zum zweiten Mal aus gleichem Grund wie eine Seifenblase platzen musste.

Trotzdem: So gesehen, bleibe ich mir zuerst mal selber treu. Treue, das ist die vierte der zwölf Tugenden. Ich beginne mal wieder nachzudenken wie ich ansonsten treu bin…und schaue inzwischen schon etwas entspannter in die beginnende Dämmerung.

Katharina Grosse im Hamburger Bahnhof
…im Kontrast zur Novemberstimmung

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