Ich brauche Musik. Nicht täglich und nicht in allen Lebenslagen. Was ich brauche, das ist das Erlebnis Musik. Wohldosiert und sozusagen als Feinschmeckerorgie.
Das heißt, dass ich es gern live hätte. Am liebsten die Guten und Großen. Möglichst Klassik. Ein Saal, in dem es mir gut geht, der architektonisch gelungen ist. Ein Publikum mit mir auf einer Wellenlänge. Stille, davor, danach und mittendrin, Applaus erst laaange nach den letzten Klängen. Ich merke, dass das ziemlich kauzig klingt. Aber, sei‘s drum.
Idealkonstellationen: Sir Simon Rattle mit den Berliner Philharmonikern im großen Saal der Philharmonie und Daniel Barenboim himself am Flügel, Pierre Boulez Saal. Dazu möglicherweise Beethoven, Mahler…
Mehr muss nicht sein. Ich bin genügsam geworden.
Rattle und Barenboim – das sind für mich zwei Welten.
Den ersten erlebe ich seit ehedem als großen Magier. Egal was, er zaubert mit dem Orchester, verzaubert das Werk, das Publikum. Alles wird zu einer Welt, in der die Noten davon fliegen und die Klänge zu leben beginnen und ich mit ihnen. Das ist viel, viel mehr, als nur einem guten Konzert zu lauschen.
Mit Barenboim hatte ich längere Zeit ein Problem, ohne genau zu wissen warum. Ich fragte mich immer wieder was die beiden Dirigenten ausmacht. Allmählich bin ich dahinter gekommen – fürs erste. Barenboim als Dirigent, noch mehr er am Flügel oder beides gleichzeitig (was ich auch schon erlebt habe) – auch da lebt eine unglaubliche Intensität. Doch er geht nicht im Universum auf, er holt das Universum aus sich heraus. Er schöpft aus unergründlichen Tiefen und lässt uns teilhaben. So erlebe ich es.
Inzwischen stehen beide bei mir auf gleicher himmlischer Höhe. Mit ihnen bekomme ich mein Gourmetmahl, dass ich ab und zu genießen muss und von dem ich dann gut ein paar Monate zehren kann.
Musik höre ich nicht, ich erlebe sie.
