Dieser Text entstand nach einem Gespräch, bei dem ich wieder mal das Gefühl hatte, mich bei diesem Thema kaum verständlich machen zu können. Allerdings, wenn ich die Zeilen jetzt noch einmal lese, scheint mir, dass ich es nur sehr begrenzt klarer hinbekommen habe. Aber, das Thema bewegt mich sehr, um nicht zu sagen, dass es mich ziemlich aufwühlt. Deshalb möchte ich trotzdem diese vor kurzem aufgeschriebenen Gedanken teilen. Ich versuche, mich weiter zu sortieren, um es demnächst besser rüber zu bringen.
Liebe X., …die letzten 24 Stunden, wieder zu Hause und wieder mehr bei mir, spukte dann das Ost-West-Thema noch mal in meinem Kopf herum. Jetzt kann ich auch, glaube ich, ein bisschen besser vermitteln, was ich sagen wollte: Das Thema bedrängt mich, weil es um Ungerechtigkeit und Gerechtigkeit geht. Damit verbunden aber auch um viele große und kleine Ungerechtigkeiten. Vieles ist wie es (geworden) ist und nicht zu ändern. Manches wäre moeglicherweise zu ändern, wenn erst mal ein Bewusstsein dafür entsteht. Allein schon mit diesem Bewusstsein wäre eine Menge gewonnen. Deshalb möchte ich darüber ins Gespräch kommen.
Das Nicht-Gesehen-Werden, wie Du es genannt hast, spielt da auch mit hinein. Aber vor allem in einer größeren Dimension. Im Kleinen ist es natürlich auch mein persönliches Problem. Aber ich habe längst meinen Frieden damit gemacht, mich arrangiert und mich notwendigerweise auch angepasst- sehr bewusst. Was sich oft nicht besonders gut anfühlt, weil ich von meinem Wesen her zu Klarheit und Direktheit neige. Das ist allerdings der Punkt, wo ich oft auch schnell ungewollt verletzend werden kann.
Aber da wäre ich im Bereich von Psychologie und eben auch der Biografiearbeit angekommen. Ich glaube, dass Biografiearbeit in unserem Land, dass aus zwei sehr unterschiedlichen Staaten gewachsen ist, eine Auseinandersetzung mit der jeweils anderen Realität in Vergangenheit und Gegenwart dringend erfordert. Sonst bleibt es bei einer Vereinnahmung der einen Seite durch die andere. In alten Zeiten haben die Sieger die Besiegten oft in großer Zahl umgebracht und völlig unterworfen. Sie wussten, denke ich, genau warum sie es taten. Das ist erfreulicherweise nicht passiert und ja eigentlich nicht mehr zeitgemäß. Aber es passiert auf andere Weise durch massive Ignoranz der Wirklichkeit der Besiegten, ihrer Geschichte bis heute. Außerdem möchte ich zu bedenken geben, ging der Aufbruch und Ausbruch aus dem System von der am Ende dann vereinnahmten Seite aus, vom Osten, der einstigen DDR.
Und die nun wieder hatte viele, viel mehr Facetten als gemeinhin bis heute sichtbar geworden ist und wird.
Sorry, jetzt höre ich auf, es sollte kurz werden – jetzt bin ich langsam im Romanbereich angekommen.

Im Vakuum verschwinden hatte ich dazu im April 2020 geschrieben